Die verstotterte Pointe

Franz_3696Das letzte Mal wollte es Franz besonders gut machen. Er hat nach allen Regeln der Kunst seine wohlgehüteten Geschäftsgeheimnisse angewendet und heimlich diverse Kuriere und Mittelsleute eingespannt. Der letzte Postkartengruss sollte noch im laufenden November aus Indonesien kommen, also aus jener exotischen Gegend, wohin sich Franz vermutlich in den Ruhestand abgesetzt hat. Nun aber ist die Postkartenbeige verschollen.

Nein, nicht schon wieder! Ausgerechnet beim 36. und letzten Versand unterlief dem Franz ein Lapsus: Er überliess sein Bündel dem Schicksal und hatte ein bisschen zu viel Vertrauen in den internationalen Postpaketdienst. Nun gibt es wie im Fall Kongo keine Möglichkeit, die verlorenen Postkartengrüsse zu tracken. Postkarten tragen ja keinen Strichcode. Das ist im Übrigen der Witz dieses Weltpostwesentestwesens. Franz ist aber auch ein Lappi. NoMailArtistDas letzte Lebenszeichen seines letzten Päcklis ist vom Postschalter in Zürich (siehe Foto oben). Irgendwo auf dem Weg nach Singapur hat es jemand verlegt. Ob es sich Zollbeamte geschnappt haben? Oder ob diese A-Post nur ewig langsam ist? Es muss wohl ein Wunder geschehen, ein weihnachtmässiges, wenn die Grüsse noch rechtzeitig eintreffen sollen. Wahrscheinlich aber muss Franz selbst Christkind spielen und die letzte Karte noch ein zweites Mal verschicken. Schliesslich hat er es seinen treuen Abonentinnen und Abonenten versprochen.

Post für Franz (17) Aufkommende Wehmut

Pool_web Nun, da das Ende von Franzens Abodienst naht, enden natürlich auch viele Brieffreundschaften. Abrupt, muss man sagen. Und doch nicht unangekündigt. Aber so sind sie halt, die ökonomischen Realitäten des Lebens, von denen sich der Fantast Franz vor einem Jahr so easy losgesagt hat. Aber so ein Schluss hinterlässt natürlich emotionale Krater. Und auch Franz wird auf seiner Südseeinsel sicher wehmütig an die Zeit zurück denken, als er Post wie diese von seiner geschätzten, extra anonymen Brieffreundin aus der Ostschweiz erhielt. Ja, wie soll das werden ohne Postkartenabo? Es wird wohl müssen, irgendwie, möchte Franz ihr Pool_back_webantworten. Aber seine Stimme bleibt stumm. Es ist nur ein halber Trost, dass künftig niemand mehr die unleserliche Handschrift vom Franz entziffern muss. Ausnahmsweise schliesse ich mit einem optimistischen Zitat, man kann ja nicht so weinerlich aufhören: «Sei immer du selbst, ausser du kannst ein Einhorn sein, dann sei ein Einhorn.»

Das letzte Mal

32-petanque3Nun ist es also soweit. Franz zieht sich nach drei Saisons aus dem Abenteuer des Druckwesens zurück. Seine letzte Postkarte ist unterwegs.
Und so wie man hört, hat Franz seine Ruhe gefunden. Irgendwo widmet er sich wohl fortan ganz dem Faulenzen und frönt dem Fronerleben. Garantiert sicher irgendwo auf einer Südseeinsel, wo man Wasserschi, Boggia und solche Luxusspässe betreiben kann.

Es ist ihm ja zu gönnen, dem Franz, wo er doch so viel für das Internationale Postwesen geleistet hat. Dieses soll ihm übrigens, entgegen anderslautenden Gerüchten, nicht ganz egal sein. La-Rochelle-chien-webNein, er ist kein Defaitist, der Franz. Im Gegenteil. Er hofft sogar heimlich, dass die verschollene Karte aus dem Kongo irgendwann nach Jahren doch noch ankommt. Wir werden sehen.

Kürzerfristig darf man jetzt vorerst gespannt sein, ob Franzens irres Postkarten-Aboservice-Projekt eine Fortsetzung findet. Wer weiss. In der Zwischenzeit kann man alte Karten auf dem Blog nochmal nachlesen oder das Set von zwölf erlesenen Raubkopien vom Franz bestellen. Hoch lebe die wilde, weltumspannende Postkartenkultur!